Ausblick
WIRTSCHAFTLICHE UND BRANCHENSPEZIFISCHE RAHMENBEDINGUNGEN
Die weltwirtschaftliche Entwicklung wird aktuell durch die Folgen des Ukraine-Krieges und die Auswirkungen der abklingenden Corona-Pandemie belastet. Die Konjunktur schwächt sich weltweit sowohl in den Industrie- als auch in den Schwellenländern ab. Hohe Energie- und Rohstoffpreise und gestörte internationale Lieferketten behindern die Produktion und treiben die Inflationsraten in die Höhe. Die real verfügbaren Einkommen nehmen dadurch ab. Eine große ökonomische Unsicherheit und ein in weiten Teilen der Welt steigendes Zinsniveau führen zu verhaltenen Investitionen. Der Ausblick auf die weltwirtschaftliche Entwicklung ist dementsprechend eingetrübt. Das ifo Institut prognostiziert für 2023 und 2024 ein Wirtschaftswachstum von 1,6 % beziehungsweise 2,6 %. 21)
Die Wirtschaftsleistung der Industrienationen dürfte laut Prognose des ifo Instituts 2023 mit einer Rate von 0,7 % expandieren. Für die USA wird ein schwaches Wachstum des BIP von 0,9 % erwartet. In Großbritannien dürfte die Wirtschaft 2023 sogar um 0,9 % schrumpfen. Beide Länder haben mit einer hohen Inflation zu kämpfen. Der private Konsum wird dadurch belastet und gestiegene Zinssätze hemmen die Unternehmensinvestitionen. 21)
Die Gruppe der Schwellenländer wird 2023 laut Prognose insgesamt ein Wirtschaftswachstum von 3,5 % erzielen. Die chinesische Volkswirtschaft dürfte 2023 lediglich mit einer Rate von 4,5 % zulegen. Die strikte Null-Covid-Politik Chinas stellte lange eine konjunkturelle Belastung dar. Nachdem die chinesische Regierung im Dezember 2022 einen Großteil der Pandemie-Maßnahmen beendet hatte, wurde die wirtschaftliche Entwicklung durch hohe Krankenstände gehemmt. Zudem bleibt die Lage auf dem chinesischen Immobilienmarkt weiter angespannt und das Exportgeschäft lässt nach. Die indische Wirtschaft ist von einer relativ hohen Inflation und einer schwächelnden Industrieproduktion gekennzeichnet. Für 2023 wird daher eine im Jahresvergleich leicht unterdurchschnittliche Wachstumsrate von 4,9 % prognostiziert. 22)
In der Eurozone wird die Wirtschaftsleistung 2023 um voraussichtlich 0,6 % zulegen. Die Konjunktur wird durch Lieferengpässe, gestiegene Energiepreise und eine ausgeprägte ökonomische Unsicherheit gehemmt. Hohe Inflationsraten und Erzeugerpreise belasten den privaten Konsum und die Industrie. Darüber hinaus sorgt die abkühlende Weltwirtschaft für eine sinkende Auslandsnachfrage. Die Staaten der Eurozone sind aufgrund der individuellen Abhängigkeit von russischen Energielieferungen und volkswirtschaftlichen Strukturen in unterschiedlichem Ausmaß betroffen. Das ifo Institut rechnet in Frankreich für 2023 mit einer Wachstumsrate des BIP von 0,6 %. Für Italien und Spanien werden Wachstumsraten von 0,4 % beziehungsweise 1,7 % prognostiziert. 23)
Die deutsche Volkswirtschaft wird 2023 laut Prognose um 0,1 % wachsen. Der hohe Industrieanteil macht die konjunkturelle Lage in der Bundesrepublik besonders anfällig für Lieferengpässe und gestiegene Energiepreise. Die Bundesregierung hat mit der Strom- und Gaspreisbremse bereits staatliche Maßnahmen ergriffen, um Privathaushalte und Unternehmen von den Energiekosten zu entlasten. Darüber hinaus leidet die deutsche Volkswirtschaft unter einem sich verschärfenden Fachkräftemangel. Die Inflation liegt aktuell auf einem historisch hohen Niveau und für 2023 wird eine Inflationsrate von 6,4 % prognostiziert (2022: 7,8 %). 2024 dürfte sich dann bei einer Inflationsrate von 2,8 % der Anstieg der Verbraucherpreise normalisieren. Die mit der Inflation verbundenen Verluste bei den verfügbaren Realeinkommen werden den privaten Konsum vor allem im Winterhalbjahr 2022/2023 deutlich bremsen. Auch die Baukonjunktur dürfte sich aufgrund steigender Zinsen und hoher Baupreise weiter abkühlen. Die Industrie wird dank der hohen Auftragsbestände ihre Produktion weiter moderat ausweiten. Mit dem allmählichen Auslaufen der Lieferengpässe dürfte es dann zu einer deutlichen Expansion kommen. Für die Arbeitslosenquote wird ein moderater Anstieg um 0,2 % Punkte auf 5,5 % prognostiziert. 23)
Der Ölpreis (Marke Brent) stieg 2022 im Vergleich zum Vorjahr deutlich an. Er lag 2022 im Jahresdurchschnitt bei 99,1 US-Dollar je Barrel (2021: 70,7 US-Dollar je Barrel). Das ifo Institut geht davon aus, dass der Ölpreis 2023 auf 85,5 USD je Barrel sinken wird. 23)
Die demografischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Bayern und vor allem im Flughafeneinzugsgebiet lassen trotz kurzfristiger Einbrüche mittel- bis langfristig eine weitere starke Zunahme der Verkehrsnachfrage am Flughafen München erwarten. Nach den Ergebnissen der regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung des Bayerischen Landesamts für Statistik wird die Einwohnerzahl Bayerns bis zum Jahr 2041 gegenüber 2021 um 5,4 % wachsen. Insbesondere in der Region München wird mit einer starken bis sehr starken Bevölkerungszunahme gerechnet. In der Landeshauptstadt München wird von einem Zuwachs um 7,3 % ausgegangen; der Landkreis München dürfte um 6,1 % zulegen. Vier der am stärksten wachsenden Landkreise befinden sich zudem im nahen Einzugsgebiet des Flughafens München. Für die Landkreise Ebersberg und Dachau wird ein Wachstum von 12,2 % beziehungsweise 11,5 % prognostiziert, für die Landkreise Pfaffenhofen a. d. Ilm und Landshut 12,4 % beziehungsweise 13,2 %. 24)
Der weltweite Luftverkehrsmarkt leidet stärker unter den Folgen der Coronavirus-Pandemie als andere Branchen. Ein Großteil der globalen Reisebeschränkungen ist allerdings mittlerweile aufgehoben worden. 2023 dürfte es daher zu einer weitgehenden Erholung kommen. Die IATA geht davon aus, dass 2023 die weltweite Passagiernachfrage 85,5 % des Wertes aus dem Jahr 2019 erreicht. Für den Airline-Umsatz wird sogar ein Anstieg auf 93 % des vorpandemischen Niveaus prognostiziert. 25)
PROGNOSTIZIERTER GESCHÄFTSVERLAUF
Die Luftfahrtindustrie ist noch immer von den Folgen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges betroffen. Nichtdestotrotz geht der Flughafen München für das Jahr 2023 weiterhin von einer kontinuierlichen Erholung aus, nachdem sich die Reisenachfrage 2021 und 2022 bereits positiv entwickelte. Aktuell rechnet der Konzern für das Jahr 2023 mit Passagierzahlen, die im Vergleich zum Vorjahr um rund ein Drittel steigen. Das erwartete Passagieraufkommen liegt damit bei über 80 % des Vorkrisenniveaus 2019. Diese Annahme ist jedoch weiterhin mit großer Unsicherheit verbunden und hängt im Wesentlichen davon ab, ob die Corona-Pandemie weiter abklingt beziehungsweise wieder aufflammt und wie sich der Ukraine-Konflikt entwickelt. Sollten sich die Krisen erneut verschärfen, würde dies negative Auswirkung auf den Geschäftsverlauf, die Ertragslage und alle finanziellen Kennzahlen im Konzern implizieren.
Der Flughafen München geht davon aus, dass die Folgen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Konflikts die wirtschaftliche Entwicklung des Konzerns auch 2023 noch in allen Geschäftsfeldern beeinflusst. Neben einem im Vergleich zum Vorkrisenniveau geringeren Passagiervolumen wirkt sich vor allem eine Reihe makroökonomischer Entwicklungen aus. Gestörte Lieferketten, die anhaltend hohe Inflation und steigende Zinssätze, hohe Energiekosten im Zuge der Energiekrise sowie die angespannte Situation auf dem Arbeitsmarkt beeinflussen die Ertrags-, Vermögens- und Finanzlage.
In Abhängigkeit von der weiteren Entwicklung der Krisen und deren Folgen sind Abweichungen von der nachfolgend gegebenen Prognose möglich.
Bezüglich der Erlöse aus Flughafenentgelten geht die Geschäftsführung von einer Steigerung analog zur Verkehrsentwicklung aus.
Es wird erwartet, dass die Umsätze im Einzelhandel sich aufgrund der weiteren Rückkehr kaufkräftiger Kund:innen überproportional zur Erholung des Verkehrs entwickeln werden.
Für die Umsätze aus Gastronomie und Hotel sowie aus Abfertigungsdiensten, Parken und Werbung wird ein im Vergleich zur Verkehrsentwicklung leicht unterproportionales Wachstum angenommen.
Bei den Umsätzen aus Vermietung und Verpachtung wird im Vergleich zum Jahr 2022 eine leicht positive Entwicklung erwartet.
Die übrigen Umsätze, zu denen unter anderem Durchsatzentgelte für die Flugbetriebsstoffversorgung, Umsätze für Versorgungsleistungen und Treibstoffe sowie Erlöse aus Management-, Beratungs- und Schulungsdienstleistungen für die Luftfahrtbranche gehören, entwickeln sich deutlich unterproportional zum Verkehrswachstum, hängen von diesem aber auch nur bedingt ab. Eine Ausnahme hiervon bilden die Umsätze für Versorgungsleistungen und Treibstoffe, die sich aufgrund des anziehenden Betriebs am Flughafen und positiver Preiseffekte nahezu verdoppeln.
In Summe rechnet die Geschäftsführung in etwa mit einem Umsatzwachstum um ein Viertel gegenüber dem Jahr 2022.
Der Materialaufwand dürfte im Vergleich zu den Umsätzen in Summe leicht überproportional steigen. Dies lässt sich im Wesentlichen auf eine deutlich höhere Aufwendung für Energie- und Versorgungsleistungen sowie Treibstoffe zurückführen. Ebenso nimmt der Wareneinsatz in den Bereichen Gastronomie und Einzelhandel infolge des wieder anziehenden Passagiervolumens zu. Die im Materialaufwand enthaltenen Instandhaltungs- und Umbaumaßnahmen werden bedingt durch entsprechende Nachholeffekte aus den Krisenjahren ebenfalls zunehmen.
Der Personalaufwand im Konzern wird moderat steigen. Hauptgrund dafür ist neben Tarif- und Vergütungserhöhungen der Anstieg der Anzahl der Beschäftigten. Zudem wirkt sich im Vergleich zum Jahr 2022 der Wegfall der Kurzarbeit 2023 aus.
Auch die sonstigen Aufwendungen werden im Zuge der geschäftlichen Belebung voraussichtlich steigen.
Die Abschreibungen werden sich aufgrund von 2022 vorgenommenen Wertminderungen auf Vermögenswerte verringern.
Beim Finanzergebnis wird eine Verschlechterung aufgrund der jährlichen Aufzinsungseffekte im Zusammenhang mit den Finanzschulden aus Anteilen an Personengesellschaften erwartet. Darüber hinaus wirken sich zunehmend steigende Zinssätze für Neuaufnahmen beziehungsweise variabel verzinste Darlehen aus.
Trotz der deutlich höheren Umsatzerlöse geht der Flughafen München aufgrund von deutlichen Steigerungen auf der Aufwandsseite und nur bedingt möglichen Gegenmaßnahmen, auch im Geschäftsjahr 2023 von einem weiterhin negativen Ergebnis vor Steuern (EBT) aus.
Die Geschäftsführung unternimmt signifikante Anstrengungen, um die Liquidität des Konzerns zu sichern beziehungsweise zusätzliche finanzielle Flexibilität zu schaffen. Dies erfolgt über Einsparungen bei sämtlichen operativen Ausgaben und Investitionen. So werden Bauprojekte, welche nicht betriebsnotwendig oder von strategischer Relevanz sind, in die Zukunft verschoben. An strategischen Projekten wie dem Flugsteig am Terminal 1 und dem LabCampus hält die Geschäftsführung jedoch weiterhin fest.
Bezüglich sich abzeichnender Liquiditätsbedarfe steht der Flughafen München in ständigem Austausch mit seinen Hausbanken. Im Laufe des Jahres 2023 wird die Verkehrs-, Ergebnis- sowie Liquiditätsprognose kontinuierlich aktualisiert und der Finanzierungsbedarf abgeleitet werden. Damit ist sichergestellt, dass der Konzern jederzeit über die notwendige Liquidität verfügt.
Der angenommene Liquiditätsverbrauch setzt voraus, dass die implementierten Maßnahmen bei den Aufwendungen, Investitionen und im personellen Bereich realisiert werden, der Verkehr sich weitererholt und das erwartete Niveau erreicht. Treten diese Prämissen nicht in der dargestellten Form ein, kann dies zu einem höheren Liquiditätsbedarf und infolgedessen zu einem früheren Verbrauch der bestehenden Liquiditätsreserven führen. Dieser gegebenenfalls höhere Liquiditätsbedarf kann durch den Flughafen München aus heutiger Sicht auf dem Kapitalmarkt gedeckt werden.
Prognostizierte bedeutsamste finanzielle und nicht-finanzielle Leistungsindikatoren:
Prognostizierte bedeutsamste finanzielle und nicht-finanzielle Leistungsindikatoren
2022 | 2023 | |||
---|---|---|---|---|
Ist | Prognose | |||
von | bis | |||
in % | in % | |||
EBT (in TEUR) | –65.358 | Anstieg | 10,0 | 30,0 |
CO₂-Einsparungen (in Tonnen) 1) | 3.216 | Rückgang | –38,0 | –33,0 |
Passagiererlebnisindex Gesamtzufriedenheit | 80,4 | unverändert | ||
Unfallhäufigkeitsrate (LTIF) 2) | 19,9 | Rückgang | 0,0 | 2,0 |
- Je nach Datengrundlage werden die Einsparungen auf Basis von Messungen, Produktdatenblättern oder Leistungsangaben auf Typenschildern ermittelt und in der CO₂-Datenbank dokumentiert. In Ausnahmefällen wird auf Erfahrungswerte vergleichbarer, bereits abgeschlossener und verifizierter Maßnahmen zurückgegriffen.
- Gültig für FMG und AE; als Vergleichszeitraum wurde 2019 (LTIF: 21,96) herangezogen.
Ergebnis vor Steuern (EBT)
Insgesamt rechnet der Flughafen München 2023 mit einem verbesserten EBT, welches aber immer noch negativ sein wird. Die genaue Entwicklung ist vor allem von dem weiteren Verlauf sowie den Folgen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges abhängig und derzeit nur schwer abzuschätzen. Der Flughafen München bleibt damit auch 2023 hinter dem Vorkrisen-Niveau zurück.
CO₂-Einsparungen
Für das Geschäftsjahr 2023 wird im Vergleich zum Berichtsjahr ein Rückgang der CO₂-Einsparungen auf circa 2000 Tonnen erwartet. Die geplanten Maßnahmen sollen vor allem den Energiebedarf bei Beleuchtung und Raumlufttechnik verringern.
Passagiererlebnisindex (PEI)
Der Prognosewert beim Passagiererlebnisindex (PEI) für das Jahr 2023 wird auf dem Niveau des Jahres 2022 von über 80 angesetzt, da die Auswirkungen der anhaltenden Corona-Pandemie auf den PEI derzeit nicht eingeschätzt werden können.
Unfallhäufigkeitsrate (LTIF)
Aufgrund der derzeitigen Corona-Lage und deren Auswirkungen auf den Flugverkehr, ist die aktuelle Entwicklung bei der Unfallhäufigkeitsrate (LTIF) schwer vorhersehbar. Die Prognose der Unfallzahlen für das Jahr 2023 orientiert sich an den voraussichtlich geleisteten Arbeitsstunden 2023. Dabei wird eine Verbesserung der LTIF in Höhe von 2 % angenommen.
Um dieses Ziel zu erreichen, sind Maßnahmen geplant, die die möglichen Auswirkungen auf das Unfallgeschehen minimieren. Das Projekt zur Stärkung der Arbeitssicherheitskultur bei der AE München wird so bald wie möglich weitergeführt. Ziel ist es die Zahl der Arbeitsunfälle durch ein sicheres Verhalten am Arbeitsplatz zu reduzieren. Außerdem wird im Dialog mit den Führungskräften die Arbeitsorganisation in der FMG und AE München mit dem Fokus auf das Unfallgeschehen, die Reduzierung von Unfällen und Gefährdungsbeurteilungen analysiert und bei Bedarf optimiert.
- ifo Institut, Konjunkturprognose Winter 2022, Dezember 2022; Sachverständigenrat der Bundesregierung, Jahresgutachten 2022/23. November 2022
- ifo Institut, Konjunkturprognose Winter 2022, Dezember 2022; Sachverständigenrat der Bundesregierung, Jahresgutachten 2022/23. November 2022; https://www.dw.com/de/bremst-china-die-weltwirtschaft-aus/a-64183206; 22. Dezember 2022
- ifo Institut, Konjunkturprognose Winter 2022, Dezember 2022
- Bayerisches Landesamt für Statistik, regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung für Bayern bis 2041, Januar 2023
- IATA, 2023 to bring further pax recovery but softer cargo, 16. Dezember 2022; IATA, Press Release No. 56, 6. Dezember 2022